6 ultimative Gründe für einen Besuch der Völklinger Hütter
- Willkommen im UNESCO-Weltkulturerbe
Auf dem Weg nach Saarlouis sahen wir aus der Ferne diese riesige stillgelegte Industrieanlage, die uns an den Science-Fiction-Film Mad Max erinnerte. Wir ließen sie unwissend links liegen und fuhren einfach weiter.
In Saarlouis kam ich ins Gespräch mit einem deutsch-französischen Wohnmobil-Fahrer, der mir von der Völklinger Hütte erzählte. Er beschrieb sie mir als „unerhört spannend“. Auch wenn das Wort „unerhört“ in jedem Satz des lieben Mobilsten vorkam, war unsere Neugier geweckt. Als er mir im Laufe des Tages erzählte, dass es direkt vor der Völklinger Hütte einen kostenfreien Stellplatz mit Strom und Wasser gibt, hatte er uns endgültig überzeugt.
Bei der Ankunft auf dem Stellplatz wurde relativ schnell klar, dass es kein Platz für unseren Wohnmobil-Reiseführer ist, weil man nicht gut mit den Hunden gehen konnte.
Trotzdem haben wir uns nach dem Spaziergang mit den Hunden entschieden, in die Völklinger Hütte zu gehen, weil wir wissen wollten, wie „unerhört spannend“ dieses UNESCO-Weltkulturerbe ist.
Zudem gibt es in der Völklinger Hütte immer hochkarätige Ausstellungen von den bekanntesten Künstlern auf der Welt.
In unserem Fall gab es die größte Ausstellung von Queen Elizabeth der II. sowie die Fotoausstellung von Banksy’s Dismaland.
Banksy Dismaland Ausstellung
Die Besonderheit der Völklinger Hütte
Im Jahre 1994 wurde die Völklinger Hütte als erstes Denkmal aus der Blütezeit der Industrialisierung von der UNESCO zum „Weltkulturerbe“ klassifiziert. Für die UNESCO und die Völklinger Hütte war es ein bedeutender Schritt, weil bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Sakralbauten, Burgen, Schlösser, oder historische Stadtkerne das Prädikat „Weltkulturerbe der UNESCO“ verliehen wurde.
Mit der Aufnahme einer industriellen Produktionsstätte in den Rang eines Welterbes der Menschheit schuf die UNESCO einen Meilenstein in ihrer Geschichte. Durch dieses Vorgehen erkannte die UNESCO die Industriekultur als herausragende kulturelle Leistung der Menschen an und stellte sie unter ihren besonderen Schutz.
Auch für die Völklinger Hütte war und ist die Ernennung ein voller Erfolg, weil Technik-Geschichte wieder greifbar gemacht und ein kultureller Austausch mit Besuchern aller Welt geschaffen wurde. Seither waren über 3,5 Millionen Besucher in der Völklinger Hütte.
Rundgang durch die Völklinger Hütte
Der Rundgang durch die „Hütte“, mit mehr als 7 km spannenden und gut beschilderten Wegen dauert etwa 2 bis 3 Stunden. Zudem gibt es noch die jeweiligen Ausstellungen, die auf dem Rundweg liegen. Wir haben uns an der Kasse gewundert, warum es sogenannte „zwei Tageskarten“ pro Person ermäßigt zu kaufen gibt.
Im Nachhinein ergab es Sinn eine zwei Tageskarte anzubieten, weil es fast unmöglich ist, alles an einem Tag zu erkunden. Der Übersicht halber fange ich von vorn an und wünsche Euch nun viel Spaß, an einem der global spannendsten Orte.
Die Sinteranlage - Meisterleistung seiner Zeit
Dieses einzigartige Zeugnis der Technik-Historie wurde in einem mehr als 10 Jahre andauernden Mammut-Projekt durch Sanierungsarbeiten vor dem Verfall gerettet.
Die Sinteranlage der Völklinger Hütte war zur damaligen Zeit die größte und modernste Anlage der Welt. Sinn und Zweck der Anlage war es, Reststoffe der Eisenherstellung wie Feinerz und Gichtstaub zu recyceln und dem Hochofenprozess wieder zuzuführen. Sie zählt zu den Pionierleistungen der Völklinger Hütte.
In der Sinteranlage gibt es eine multimediale Zeitreise durch die Geschichte der Völklinger Hütte. Während des Films wird der Boden und die Decke passend zur Szenerie mit Neonfarben beleuchtet und die Leinwand ist ein gebogenes Panorama, sodass man das Gefühl bekommt mittendrin zu sein.
Die Erzhalle - Lager des rot-schwarzen Goldes
Ursprünglich war das 1.500 Quadratmeter große Industriebauwerk ein gigantischer Stahlbunker mit einer Lagerkapazität von 12.000 Tonnen Eisenerz und gehörte zum Komplex der Vor- und Aufbereitung des Rohstoffes.
Die Erzhalle wurde zur Zeit Carl Röchlings zwischen 1900 und 1903 gebaut. Sie ist eines der ältesten Gebäude der Völklinger Hütte. Die Lage zwischen den Hochöfen und der Stadt macht sie zum Bindeglied zwischen dem Eisen- und Stahlwerk sowie der Stadt Völklingen. Das Eisenerz war der Rohstoff der Industrialisierung und die Basis für die Entwicklung der modernen Industriegesellschaft von heute.
Die Hochöfen- Faszination Völklinger Hütte von oben
Der Aufstieg zur Gichtbühne in 27 Metern Höhe ist ein unvergessliches Abenteuer. Wer hier hoch will, sollte auf jeden Fall keine Höhenangst haben und ein wenig Ausdauer haben, weil die vielen Treppen auf die Beine gehen.
Vorher holt man sich noch einen schicken blauen Bauarbeiterhelm, damit auch alles sicher vonstattengeht und man ohne Helm auch nicht in die Hochofengruppe darf.
Die Gichtbühne diente dem Befüllen der Hochöfen von oben mit 15 Hängebahnwagen pro Befüllvorgang. Abwechselnd wurde eine Lage Koks sowie eine Mischung aus Eisenerz, Sinter, Schrott und Zusatzstoffen in den Ofen gekippt. Der Abstich des flüssigen Eisenerzes erfolgte von unten mit einer Abstichmaschine.
Schlacke wurde gesondert abgestochen. Die Gicht wurde abgefangen und nach Reinigung von Staubpartikeln zur Gebläsehalle geleitet, wo sie die Luftpumpen antrieb, die den Kaltwind erzeugten und in die Winderhitzer leiteten.
Die Winderhitzer sind 30 bis 40 Meter hoch. Sie erwärmten die Luft, die von unten in die Hochöfen geblasen wurde, auf bis zu 1200 ° C. Nach 90 Minuten, wenn die Wärme der Steine verbraucht war, wurde von Wind auf Gas umgeschaltet. Zu jeder Winderhitzergruppe gehört ein Kamin, der bis zu 80 Meter hoch war. Der heiße Wind wurde von unten in die Hochöfen eingeblasen.
Während des Betriebs der Völklinger Hütte durften sich die Mitarbeiter nur in Ihrem Bereich aufhalten, weil nichts von diesem Know-how nach außen sickern sollte. Was muss das wohl für ein überwältigendes Gefühl für die ehemaligen Mitarbeiter sein, sich nun in jedem Bereich frei zu bewegen und den eigenen Arbeitsplatz nach jahrelanger Schufterei ganz in Ruhe unter die Lupe zu nehmen! In 45 m Höhe bietet die Aussichtsplattform einen faszinierenden Blick über das Weltkulturerbe und die Industrielandschaft an der Saar.
Die Gebläsehalle - Puls des Eisenwerks
Der Herzschlag des Eisenwerkes ist in der Gebläsehalle zu fühlen: Riesige Luftpumpen erzeugten im gleichmäßigen Maschinentakt unvorstellbare Mengen Wind, der in die Hochöfen geblasen wurde.
Angetrieben wurden die Maschinen vom Gas aus den Hochöfen – ein genialer Kreislauf der Energie. Die Gebläse sind weltweit einmalige Zeugen des Maschinenzeitalters. Heute ist die Gebläsehalle ein pulsierender Ort für Ausstellungen und Veranstaltungen.
Völklinger Hütte - Chronologie einer bewegenden Werksgeschichte
- 1873: Der Hütteningenieur Julius Buch gründet bei Völklingen ein Stahlwerk. Sechs Jahre später wird das Werk wieder geschlossen. Die hohen Zölle verteuern die Einfuhr von Roheisen.
- 1881: Carl Röchling kauft das stillgelegte Stahlwerk in Völklingen. Er setzt auf die Produktion von Roheisen: 1883 wird der erste Hochofen angeblasen.
- 1890: Die Unternehmenspolitik Carl Röchlings zeigt Erfolg: Die Röchling’schen Eisen- und Stahlwerke sind der größte Eisenträgerhersteller Deutschlands.
- 1891: Eröffnung des Thomas-Stahlwerks der Völklinger Hütte. Relativ spät führt Carl Röchling das Thomas-Verfahren auf der Völklinger Hütte ein.
- 1897: Die erste Koksbatterie wird in Völklingen direkt neben den Hochöfen erstellt. Die Röchlings haben viel Erfahrung mit der Verkokung der Steinkohle.
- 1900: Zwei Jahre zuvor ist die erste Gasgebläsemaschine in Betrieb gegangen, die mit dem Gas aus den Hochöfen angetrieben wird. Die Gebrüder Röchling erkennen die Bedeutung der Gasmaschine für die Entwicklung der Eisenindustrie.
1910 CARL RÖCHLING STIRBT IN SAARBRÜCKEN †
1918 HERMANN RÖCHLING WIRD ZUM
KÖNIGLICH-PREUSSISCHEN KOMMERZIENRAT ERNANNT
- 1911: Die Hängebahnanlage zur Beschickung der Hochöfen entsteht. Die Völklinger Hütte produziert auf Hochtouren. An den Hochöfen und im Thomas-Stahlwerk wird Eisen und Stahl für den Aufbau der Industriegesellschaft hergestellt.
- 1913: Beim Bau der Möllerhalle gingen die Architekten neue Wege: Das Industriegebäude war eines der ersten Bauwerke dieser Dimension, das in Stahlbeton ausgeführt wurde.
- 1914: Die Produktion kommt beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges zunächst zum Erliegen. Später wird auch in Völklingen Rüstungsmaterial hergestellt: Granaten für die Front und bis zu 90 % des zähen Rohstahls für die neuen deutschen Stahlhelme, die ab 1916 ausgegeben werden.
- 1917 /1918: Der Wasserhochbehälter, ein Stahlbetonfachwerkbau, wird errichtet und ist damals eines der ersten Beispiele für eine gerade entstehende neue Industriearchitektur.
Anhand der Firmenchroniken kann die Zahl der Zwangsarbeiter im Ersten Weltkrieg in der Völklinger Hütte mit 1.446 Menschen angegeben werden. 143 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kamen während des Ersten Weltkriegs zu Tode.
1919: Ein französisches Gericht verurteilt Robert und Hermann Röchling in Abwesenheit zu zehn Jahren schweren Kerkers, wegen der Zerstörung und Raub französischer Fabriken.
Während Robert bis 1925 inhaftiert blieb, konnte sich Hermann am 9. November 1919 gegen Übergabe einer Mehrheitsbeteiligung von 60 % der Völklinger Hütte an den französischen Staat quasi „freikaufen“.
Die Schattenseiten der Völklinger Hütte
Die Geschichte der Völklinger Hütte ist eine Geschichte von wirtschaftliche Erfolgen, technischen Innovationen und sozialen Einrichtungen. Es ist aber auch eine Geschichte von tiefen Schattenseiten und als „Kriegsverbrechen“ geahndeten Handlungen.
- 1944: In der Völklinger Hütte und ihren Nebenbetrieben wurden 12.393 Menschen verschiedenster Nationen zu Arbeiten im Werk gezwungen. Die Arbeitsbedingungen waren diskriminierend und unmenschlich.
- 261 Menschen (Zwangsarbeiter) kamen in der Völklinger Hütte zu Tode, wovon 60 Kinder und Kleinkinder waren.
- Das abscheulichste Zwangsinstrument war das betriebliche „Arbeitserziehungslager“ Etzenhofen, das die Röchling’schen Eisen- und Stahlwerke zur Disziplinierung‘ der Arbeiter einsetzte. Widersetzliche ausländische Arbeiter wurden hier nach der Schicht mit Schlafentzug und Strafexerzieren abgestraft. Tagsüber wurden diese Arbeiter an den härtesten und gefährlichsten Arbeitsplätzen eingesetzt.
- Eine Besonderheit ist die führende Funktion von Hermann Röchling im Deutschen Reich: Als Vorsitzender der „Reichsvereinigung Eisen“ war er an der Rekrutierung und Verschleppung von Zwangsarbeitern aus den besetzten Ländern Europas in die Eisen- und Stahlwerke des gesamten Deutschen Reichs beteiligt.
- 1891: Eröffnung des Thomas-Stahlwerks der Völklinger Hütte. Relativ spät führt Carl Röchling das Thomas-Verfahren auf der Völklinger Hütte ein.
- 1897: Die erste Koksbatterie wird in Völklingen direkt neben den Hochöfen erstellt. Die Röchlings haben viel Erfahrung mit der Verkokung der Steinkohle.
- 1900: Zwei Jahre zuvor ist die erste Gasgebläsemaschine in Betrieb gegangen, die mit dem Gas aus den Hochöfen angetrieben wird. Die Gebrüder Röchling erkennen die Bedeutung der Gasmaschine für die Entwicklung der Eisenindustrie.
Vom "König der Saar" zum Kriegsverbrecher
Die Geschichte der Völklinger Hütte ist eine Geschichte von wirtschaftliche Erfolgen, technischen Innovationen und sozialen Einrichtungen. Es ist aber auch eine Geschichte von tiefen Schattenseiten und als „Kriegsverbrechen“ geahndeten Handlungen.
1948: Eröffnung des Prozesses gegen Hermann Röchling, die Familienmitglieder Ernst Röchling und Hans-Lothar von Gemmingen Ihnen werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.
1949: Hermann Röchling, Ernst Röchling und von Gemmingen werden zu Gefängnisstrafen verurteilt, außerdem Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und Beschlagnahmung des gesamten Privatvermögens.
1951: Begnadigung Ernst und Hermann Röchlings.
1953: Verleihung des Siemens-Ringes an Hermann Röchling, der höchsten deutschen Auszeichnung für Verdienste auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik.
1955: Hermann Röchling stirbt in Mannheim. Er durfte nach Ende des Krieges nicht mehr in seine Heimat zurückkehren.
1956: Die Sequesterverwaltung wird aufgehoben. Die Familie Röchling erhält das Völklinger Werk zurück.
1965: Mehr als 17.000 Menschen arbeiten in der Völklinger Hütte. Es ist die höchste Beschäftigtenzahl in der Geschichte der Völklinger Hütte.
1975: Die weltweite Stahlkrise erfasst auch die Völklinger Hütte. 1982 werden die Eisen- und Stahlwerke in Völklingen und Burbach zu ARBED-Saarstahl zusammengelegt.
1986: Die Roheisenphase der Völklinger Hütte wird stillgesetzt. Teile der stillgelegten Hütte werden unter Denkmalschutz gestellt, das Eisenwerk wird Industriedenkmal.
”,,MÖGEN ALLE MÄNNER, FRAUEN, KINDER UND KLEINKINDER, DIE IHR LEBEN IN DER VÖLKLINGER HÜTTE LASSEN MUSSTEN, NUN AN EINEM BESSEREN ORT SEIN."
Claudia KoboldCanis Road
Zusammenfassung Stellplatz Völklinger Hütte
- Besucher der Völklinger Hütte dürfen das WC benutzen
- In 200 m Entfernung gibt es einen Globus Markt
- Dienstagnachmittags ist der Eintritt kostenfrei, ansonsten kostet er 17 EUR pro Person, eine 2 Tageskarte kostet 20 EUR pro Person
- In der Völklinger Hütte gibt es ein tolles Café
- Der Stellplatz ist betoniert und das Haus für Wasser und Entsorgung ist etwa 30 Meter entfernt und leicht zu befahren, allerdings sollte der Wasserschlauch mindestens 10 Meter lang sein
- Zur offiziellen Website der Völklinger Hütte
Impressionen
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